Asylverfahren, Zuweisung und Unterbringung

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Quelle: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg https://aktiv.fluechtlingsrat-bw.de/unterbringung-und-wohnen.html

Erstaufnahme

Geflüchtete, die in Baden-Württemberg einen Asylantrag stellen, wenden sich in der Regel an eine Landeserstaufnahmeeinrichtung. Hier wird zunächst geprüft, ob sie in Baden-Württemberg bleiben, oder im Rahmen des sog. „EASY-Verfahrens“ (Erstverteilung der Asylbegehrenden) in ein anderes Bundesland ziehen müssen. Grundlage dieser Prüfung ist der „Königsteiner Schlüssel“. Dieser berücksichtigt zu zwei Dritteln die Steuereinnahmen eines Bundeslandes und zu einem Drittel dessen Bevölkerungszahl (§ 45 AsylG).

Zuständig für die Erstaufnahmeeinrichtungen ist das Land Baden-Württemberg. Durch das am 21. August 2019 in Kraft getretene „Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ sind Asylantragsstellende verpflichtet, bis zu der Entscheidung über ihren Asylantrag und bei Ablehnung bis zur Abschiebung oder der selbstständigen Rückkehr in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. In der Regel darf diese Zeit 18 Monate nicht überschreiten. Bei Personen aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ gilt die 18-Monatsfrist nicht. Sie müssen wie bisher bis zur Entscheidung ihres Asylantrags bzw. bis zu ihrer Ausreise oder Abschiebung in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben. Auch bei Verletzung bestimmter Mitwirkungspflichten werden Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung und Geduldete dazu verpflichtet,  auch länger als 18 Monate in der Erstaufnahme zu wohnen. Eine Ausnahme gibt es bei minderjährigen Kindern und deren Eltern oder anderen Sorgeberechtigten sowie volljährigen ledigen Geschwistern. Bei diesen darf die Verpflichtung, in der Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen, sechs Monate nicht überschreiten. Dies gilt auch für Familien aus sog. „sicheren Herkunftsstaaten“ (§ 47 AsylG).

Während der Zeit in der Erstaufnahme erfolgt in der Regel die Asylantragsstellung und Anhörung über das Asylgesuch. In allen Erstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg gibt es eine unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung.

Nach der Ankunft in der Erstaufnahme erfolgen hier außerdem die erkennungsdienstliche Behandlung, die Gesundheitsuntersuchung und gegebenenfalls notwendige Impfungen. In den ersten Tagen strömen oft überwältigend viele Informationen und terminliche Verpflichtungen auf die Neuankommenden ein. Umso schwieriger ist es für viele Asylsuchenden wichtige Vulnerabilitäten zu nennen, z.B. Essensunverträglichkeiten, gesundheitliche oder religiöse Belange und geschlechtsspezifische oder die sexuelle Identität oder Sexualität betreffende Eigenschaften, die bei der Zimmerverteilung berücksichtigt werden sollten. Für Geflüchtete besteht während der gesamten Zeit des Aufenthalts in einer Erstaufnahmeeinrichtung eine strenge Residenzpflicht (§ 56 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59a Abs. 1 AsylG). Das bedeutet, dass es Geflüchteten grundsätzlich nicht erlaubt ist, den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde zu verlassen.

In EAen werden AsylbewerberInnen grundsätzlich mit Sachleistungen versorgt. Dies gilt insbesondere für den „notwendigen Bedarf“ (zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts). Allerdings wird meistens ein kleiner Geldbetrag  für den notwendigen persönlichen Bedarf ausgezahlt (zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens, bspw. Freizeitaktivitäten. Erwerbstätigkeit ist während der Unterbringung in einer EA generell verboten.

Vorläufige Unterbringung

Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung, die aus einer Landeserstaufnahmeeinrichtung verlegt werden, kommen in die vorläufige Unterbringung (VU). Geflüchtete mit einem Schutzstatus oder einer Ablehnung (Duldung), die aus einer Landeserstaufnahmeeinrichtung verlegt werden, kommen direkt in die Anschlussunterbringung (AU) nach § 9 Abs. 1 FlüAG BW (siehe unten).

Für die vorläufige Unterbringung ist der jeweilige Stadt- bzw. Landkreis zuständig. Die BewohnerInnen haben hier i. d. R. einen eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt (>>Ausbildung und Arbeitsmarkt). Die Dauer der Unterbringung in der VU soll 24 Monate nicht überschreiten, unabhängig davon, ob das Asylverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist oder nicht.

Im Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) sowie Art. 21 der Aufnahmerichtlinie sind Soll-Standards für die VU festgelegt. Diese sind u. a.:

Der Standort soll die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

In der VU soll mindestens ein Gemeinschaftsraum sowie ein Raum für Kinder zugänglich sein.

Im Rahmen der Unterbringung soll eine Außenanlage für die Freizeitgestaltung der BewohnerInnen vorhanden sein.

Grundsätzlich soll die Wohn- und Schlaffläche mindestens 7 qm betragen.

Bei der VU handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis. Im Unterschied zu einem privaten Mietverhältnis können die BewohnerInnen folglich keinen eigenen Mietvertrag abschließen. Vielmehr wird eine Gebühr für die Unterbringung erhoben, die die BewohnerInnen nur selbst zu erbringen haben, wenn sie über ausreichendes Einkommen verfügen. Verdient also eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende Person selbst Geld, muss sie ggf. die anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung dem Landkreis erstatten.

Anschlussunterbringung

Im Anschluss an die VU, also in der Regel 24 Monate nach der Verlegung in die VU, werden Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung in der Anschlussunterbringung (AU) untergebracht (§ 18 FlüAG). Außerdem leben in der AU Menschen mit Duldung, sowie Schutzberechtigte mit Aufenthaltserlaubnis, die noch keine Wohnung gefunden haben. Für die AU ist die jeweilige Gemeinde zuständig, der die Geflüchteten zugeteilt sind. Die Lebensbedingungen in der AU sind in Baden-Württemberg sehr heterogen, da keine Mindeststandards für die AU festgelegt sind. So kommt es beispielsweise häufig vor, dass Geflüchtete in derselben Unterkunft oder auch in demselben Zimmer bleiben, das schon als VU gedient hat. Manchmal werden Personen auch in Obdachlosenunterkünften untergebracht oder dezentral in Wohnungen.

Verdient eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende Person selbst Geld, müssen ggf. die anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung erstattet werden.

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